Die Mundgesundheit: Von guten und schlechten Keimen

04.08.2021

Täglich putzen wir mit der Zahnbürste gegen sie an: hunderte Arten von Bakterien und anderen Mikroorganismen. Dabei gehören sie zu uns und sind sogar wichtig für unsere Gesundheit – zumindest, wenn die Balance von guten und schlechten Keimen stimmt. Was man über das Mundmikrobiom weiß und warum es so einzigartig ist.

Viele von uns sind damit aufgewachsen: der Geschichte von Karius und Baktus, den beiden bösartigen Kerlen, die unseren Zähnen ans Leder wollen und die nur eines fürchten – unsere Zahnbürste, mit der wir sie aus ihrem gemütlichen Zuhause vertreiben. Was man uns damals verschwiegen hat: Karius und Baktus leben in unserem Mund nicht alleine. Sie sind Teil einer vielfältigen Mundflora aus Bakterien, Pilzen und anderen Mikroben, die jeder Mensch mit sich herumträgt. 700 Arten von Mikroorganismen sind in unserem Mund zu Hause. Einige von ihnen sind hilfreich, andere können zur Entstehung von Karies und Zahnfleischerkrankungen beitragen. Und sie haben sogar Auswirkungen auf unseren gesamten Körper und auf viele andere Erkrankungen.

Symbiose aus 39 Billionen Mikroorganismen

Dass wir Menschen in unserem Körper mit 39 Billionen Mikroorganismen zusammen existieren, ist in den letzten Jahren in den Fokus vieler Forscher gerückt. Sie befassen sich mit dem sogenannten Mikrobiom – also der Gesamtheit der Mikroben, die mit dem Menschen in Symbiose leben. Je mehr wir über das Mikrobiom in Erfahrung bringen, desto klarer wird: Es gibt extrem viele Wechselwirkungen. Die Art, wie wir leben, wirkt sich auf die Zusammensetzung des Mikrobioms aus – etwa unsere Umgebung, Ernährung, bestimmte Erkrankungen oder die Einnahme von Antibiotika. Umgekehrt hat das Mikrobiom einen großen Einfluss auf unseren Körper und spielt bei der Entstehung vieler Krankheiten eine Rolle. Aber obwohl diese Zusammenhänge seit einigen Jahren intensiv beforscht werden, steckt die Forschung noch in den Kinderschuhen und es gibt noch viele offene Fragen.

Besonders divers: das Mundmikrobiom

"Das Mikrobiom" gibt es strenggenommen nicht. Vielmehr gibt es Teilmikrobiome, die unseren Magen-Darm-Trakt, Haut und sämtliche Schleimhäute bewohnen. Während die Bewohner der Haut bei allen Menschen relativ ähnlich sind, gibt es nicht nur beim Darm-Mikrobiom große individuelle Unterschiede, sondern auch beim Mundmikrobiom. Und auch die bakterielle Besiedlungsdichte ist in Darm und Mund am höchsten – schließlich ist der warme, feuchte Mund ein ideales Biotop für Bakterien.

Ein Teilbereich der Mikrobiom-Forschung befasst sich deshalb mit dem oralen Mikrobiom oder Mundmikrobiom. Inzwischen weiß man unter anderem, dass sich verschiedene Keime an verschiedenen Orten der Mundhöhle wohlfühlen: Manche haften an den Zähnen, andere auf der Zunge. Wieder andere verkriechen sich in den Zwischenräumen zwischen Zähnen und Zahnfleisch – sowohl gute als auch krankmachende Keime. 

Zahnseide hilft die Zahnzwischenräume zu reinigen!

 

Gute und schlechte Mikroben

Als gut gelten erstere deshalb, weil sie das Wachstum der schlechten Keime in Schach halten. Außerdem helfen sie bei der Verdauung und können helfen, gefährliche Keime im Essen abzuwehren. Die schlechten sind unter anderem deshalb schädlich, weil sie Zucker in Säure umwandeln, die wiederum die Zahnoberfläche angreift. Immer wenn wir also Zucker zu uns nehmen, können sich die schlechten Bakterien vermehren und ausbreiten. Ein Problem entsteht dann, wenn die Keime einen klebrigen Film namens Plaque auf den Zähnen bilden und diese durch die Säure schädigen. Genau deshalb ist die gründliche Mundhygiene mit Zahnbürste und Zahnseide so wichtig. Dass die Keime sich nach dem Zähneputzen wieder vermehren und neue Plaque bilden, lässt sich jedoch nicht vermeiden. Wir müssen also immer wieder putzen: täglich mindestens zweimal.

Parodontitis: Wenn Keime sich in Nischen wohlfühlen

Eine weitere, sehr weit verbreitete Zahnerkrankung ist die Parodontitis. Hier führen chronische Entzündungen zu einer Schädigung des Zahnhalteapparats – also den Strukturen, die den Zahn im Kiefer verankern. Unbehandelt führt sie schlimmstenfalls zu Zahnverlust. Außerdem ist das Risiko für viele andere Erkrankungen erhöht, etwa Diabetes, Herzinfarkt, Rheuma und Autoimmunkrankheiten. Auch die Parodontitis ist dadurch bedingt, dass sich schlechte Bakterien auf Kosten gesunder Bakterien vermehren und ausbreiten. 

Karies und Parodontitis entstehen also nicht durch das Vorhandensein bestimmter krankmachender Keime, sondern durch eine Dysbalance des Mundmikrobioms. Auch die Behandlung sollte deshalb darauf abzielen, das Gleichgewicht des Mundmikrobioms wiederherzustellen. Wie genau das funktionieren kann? Darüber sind sich die Forscher noch nicht im Klaren. Sicher ist, dass z. B. Rauchen dem oralen Mikrobiom schadet. Außerdem konnten Studien zeigen, dass probiotische Kaugummis mit einem bestimmten Milchsäurebakterium helfen können, die Mundgesundheit zu verbessern und die Behandlung einer Parodontitis zu unterstützen. Hier sollte man außerdem lieber gezielt die krankheitsfördernden Bakterien bekämpfen, anstatt wahllos alle Keime mit Antibiotika abzutöten.

 

Probiotische Kaugummis mit einem bestimmten Milchsäurebakterium können der Mundgesundheit helfen.

 

Kann man Mund und Zähne "gesund essen"?

Und es gibt Hinweise, dass bestimmte Ernährungsformen dem oralen Mikrobiom zugutekommen, während andere schädlich sind. Ein anschauliches Beispiel dafür ist das folgende Steinzeitexperiment: Zehn Menschen lebten für vier Wochen unter steinzeitlichen Bedingungen, ohne Zucker, nur mit über offenem Feuer gekochtem Essen – und ohne Zahnbürste, Zahnpasta oder andere Zahnhygiene-Produkte. Nach vier Wochen warfen Zahnärzte einen Blick in den Mund der Teilnehmer und stellten fest, dass diese zwar mehr Zahnbeläge, aber deutlich weniger Zahnfleischentzündungen hatten als vorher.

Was lässt sich daraus ableiten? Möglicherweise hat sich unser Körper noch nicht auf die moderne Ernährung umgestellt und verlangt nach einer steinzeitlichen Lebensweise. Diese These untermauern archäologische Funde von vor 7000 Jahren. Im Zahnstein dieser steinzeitlichen Jäger und Sammler fand man dreimal mehr unterschiedliche Bakterienarten als bei modernen Menschen.

Ist die Lösung gegen Karies und Parodontitis also eine Paleo-Diät? So konkrete Ratschläge lassen sich aus den bisherigen Erkenntnissen sicher nicht ableiten. Aber mit einer ausgewogenen, ballaststoffreichen Ernährung mit viel frischem Obst, Gemüse und Vollkornprodukten, Zucker und Weißmehl in Maßen, Pausen zwischen den Mahlzeiten sowie mit ausreichend Bewegung und guter Mundhygiene machen Sie auch in puncto Mundgesundheit nichts falsch.

Übrigens: Auch die berühmte Gletschermumie Ötzi hatte Karies und Parodontitis. Also auch bei zahngesunder Ernährung lieber nicht auf Zahnhygiene und vor allem nicht auf regelmäßige Kontrollen verzichten. Sicher ist sicher!

 

Von diesen Faktoren wird das Mundmikrobiom beeinflusst

  • Mundhygiene
  • Ernährung
  • Hormone
  • Rauchen
  • Gene
  • Mundtrockenheit
  • Immunsystem
  • Andere Krankheiten
  • Antimikrobielle Substanzen

 

7 Fakten über das Mikrobiom

  1. Das Mikrobiom ist wie ein Fingerabdruck: Eineiige Zwillinge haben 99,5 % ihrer Gene, aber nur 20 % ihrer Darmflora gemeinsam.
  2. Unser Körper besteht aus 30 Billionen Zellen – und aus 39 Billionen Mikroben. Würde man die Mikroorganismen eines menschlichen Körpers auf die Waage legen, käme man auf etwa 2 kg Gewicht. Manche Wissenschaftler bezeichnen das Mikrobiom deshalb auch als ein "Organ" des Körpers.
  3. Wie wir auf die Welt kommen, bestimmt nachhaltig die Zusammensetzung unseres Mikrobioms: Bei Kaiserschnitt-Kindern fühlen sich andere Keime wohl als bei Kindern, die vaginal geboren werden. Auch Stillen trägt viel dazu bei, dass sich ein gesundes, vielfältiges Mikrobiom entwickeln kann.
  4. Die Reifung des Mikrobioms beginnt mit der Geburt. Mit zwei bis drei Jahren ähnelt das Mikrobiom dann dem eines Erwachsenen. Ganz abgeschlossen ist seine Entwicklung nie, denn es kann sich bis ins hohe Alter verändern.
  5. Das Darmmikrobiom von Menschen aus westlichen Industrienationen ist weniger vielfältig und wird von anderen Bakterienarten dominiert als das von Menschen aus ländlichen, weniger entwickelten Bevölkerungen. Die Ernährung spielt eine Rolle, aber auch unser hygienischer Lebensstil.
  6. Darmbakterien helfen, Energie aus der Nahrung zu gewinnen, aber nicht nur das: Sie sind auch an der Bildung von Neurotransmittern wie Serotonin, Enzymen und Vitaminen sowie an Immun- und Stoffwechselfunktionen beteiligt.
  7. Bei vielen Erkrankungen weiß man inzwischen, dass sie mit dem Mikrobiom in Zusammenhang stehen: z.B. Rheuma, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Allergien, Asthma, Depressionen, Adipositas oder Darmkrebs.

 

Quellen:

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  • Wu YY, Xiao E, Graves DT. Diabetes mellitus related bone metabolism and periodontal disease. Int J Oral Sci. 2015 Jun 26;7(2):63-72.
  • Grusovin MG, Bossini S, Calza S, Cappa V, Garzetti G, Scotti E, Gherlone EF, Mensi M. Clinical efficacy of Lactobacillus reuteri-containing lozenges in the supportive therapy of generalized periodontitis stage III and IV, grade C: 1-year results of a double-blind randomized placebo-controlled pilot study. Clin Oral Investig. 2020 Jun;24(6):2015-2024.
  • Abbott, A. Scientists bust myth that our bodies have more bacteria than human cells. Nature (2016).
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  • Ferranti EP, Dunbar SB, Dunlop AL, Corwin EJ. 20 things you didn't know about the human gut microbiome. J Cardiovasc Nurs. 2014 Nov-Dec;29(6):479-81.
  • Das Gesundheitsportal medondo.health
  • Perlmutter D: Scheiss schlau. Wie eine gesunde Darmflora unser Hirn fit hält. Mosaik-Verlag 1. Auflage 2016
  • Enders G: Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ. Ullstein Verlag 13. Auflage 2017
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Wichtige Hinweise

 

Liebe Patient:innen, liebe Eltern, liebe Kolleg:innen,

unser Ziel ist eine rechtzeitige, präventive Kieferorthopädie möglichst ohne feste Zahnspange, daher stellen wir sukzessive auf eine Privatpraxis um.

 

Unsere Empfehlung:

  • Wenn Ihr Kind bzw. Sie gesetzlich versichert sind, sollte eine Zusatzversicherung VOR DEM ERSTEN Beratungstermin abgeschlossen sein.
  • Eine Erstvorstellung empfehlen wir für Kinder im Alter von 6-7 Jahren zur Früherkennung.

Erstberatungen werden ausschließlich auf Basis der privaten Gebührenordnung abgerechnet werden. Notfälle sind davon selbstverständlich ausgeschlossen.

 

Vielen Dank für Ihr Verständnis!

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